Robert Stephenson Smyth Baden-Powell, Lord of Gilwell - Gründer der Pfadfinderbewegung und "Chief Scout of the World"
1 Robert Stephenson war Sohn von George Stephenson, welcher die erste brauchbare Dampflokomotive baute und als Erfinder der Lokomotive gilt. Viele der Erfindungen und Errungenschaften, die heute George Stephenson zugeschrieben werden, entsprangen der gemeinsamen Arbeit von Vater und Sohn Stephenson.
2 Über lange Jahre hatte in Pfadfinderkreisen die Version Gültigkeit, dass Baden-Powell ein Nachfahre von Captain John Smith - einem bekannter Abenteurer und Kapitän im Dienste von Elizabeth I - war, der maßgeblich an der Gründung der englischen Kolonie Virgina - heute ein Bundesstaat der USA - beteiligt war. Nach der Baden-Powell-Biographie von Tim Jeal (jeal, Tim (1989): Baden Powell – founder oft he Boyscouts, Hutchinson, London) ist diese Abstammung frei erfunden. BiPis Großvater war Admiral William Henry Smyth, dessen Abkunft völlig unklar ist. Gesichert ist, dass sein Vater (also der Urgroßvater von B.P.) in New Jersey lebte und als englischer Loyalist nach der amerikanischen Revolution nach England auswanderte.
3 Das Ehepaar Baden-Powell hatte zehn Kinder, weitere vier stammen aus einer früheren Ehe von Baden-Powells Vater.
4 Baden-Powells Großvater (mütterlicherseits) war Admiral William Henry Smyth, Kartograph und Astronom. Er wurde bekannt für seine Himmelsbeobachtungen und Entdeckungen, die er in seinem Observatorium nach seiner aktiven Marinekarriere machte.
5 Die Charterhouse School ist eine traditionsreiche, elitäre Privatschule in Godalming in Surrey in England. Die Schule wurde 1611 von Thomas Sutton in London gegründet und 1872 an ihren heutigen Ort verlegt. Auch heute noch werden die Schüler als Carthusians, die Ehemaligen als Old Carthusians bezeichnet. Zu den international bekanntesten Absolventen der Schule im 20. Jahrhundert zählen die Gründungsmitglieder der Rockband Genesis.
6 In Sandhurst wurde als Ausbildungsstätte für Offiziere der britischen Armee 1802 das "Royal Military College Sandhurst" gegründet, 1947 wurde dieses mit der "Royal Military Academy", welche in Woolwich war, zur "Royal Military Academy Sandhurst" zusammengelegt.
7 Die "13th Hussars" gehen auf "Richard Munden's Regiment of Dragoons", welches 1715 gegründet wurde zurück, nach mehreren Umstrukturierungen gingen sie 1992 im Regiment "Ligth Dragoons" auf. Die 13th Hussars waren in Indien und Südafrika eingesetzt, nahmen aber auch an der Schlacht bei Waterloo (18. Juni 1815) teil.
Unser Gründer wurde am 22. Februar 1857 in London geboren. Die eher ungewöhnlichen Vornamen "Robert Stephenson Smyth" nehmen Bezug auf seine Vorfahren Robert Stephenson1, einem Eisenbahnpionier, und John Smyth2, einem Kapitän im Dienste von England. Er war eines von vierzehn3 Kindern des Ehepaares Baden-Powell. Sein Vater, Professor an der Universität Oxford, starb als Baden-Powell drei Jahre alt war. Baden-Powell wurde daher von seiner Mutter großgezogen, die zeitlebens sein großes Vorbild war und ihm die Bedeutung der Tugenden Ritterlichkeit und Verantwortungsbewusstsein nahe brachte. Mit seinem Großvater, Admiral Henry Smyth4, besuchte er oft den Hyde Park in London, wo seine Abenteuerlust geweckt wurde. Dieser förderte auch Baden-Powells Interesse für die Naturforschung, er zeichnete bereits damals detaillierte Karten des Hyde Parks. Als der Großvater starb, unternahm der damals achtjährige Baden-Powell immer wieder Streifzüge durch die Armenviertel Londons. Man nimmt an, dass damals der Grundstein für sein soziales Engagement gelegt wurde. Er konnte feststellen, dass sich die Bewohner der Armenviertel vor allem durch ihre Kleidung von den anderen zu unterscheiden schienen. Es gilt heute als einer der entscheidenden Faktoren, eine einheitliche Pfadfinderuniform einzuführen.
Mit dreizehn Jahren trat Baden-Powell in die Charterhouse School5 ein. Baden-Powell war ein durchschnittlicher Schüler, der in keiner Weise durch seine schulischen Leistungen hervorstach. Als kleiner Hinweis die Leistungsbeschreibung durch seine Lehrer: "Mathematics - has to all intents given up the study" oder "French - could do well but has become very lazy, often sleeps in school". Allerdings war er in der Schule als begnadeter Schauspieler bekannt, welcher auch gerne den Clown mimte. Er verbrachte den Großteil seiner Freizeit in den Wäldern um das Schulgelände. Er entwickelte große Fähigkeiten in den Disziplinen, die wir heute als Pfadfindertechnik kennen. Anschleichen, beobachten aber auch das Zubereiten von Nahrung am Lagerfeuer waren seine Freizeitbeschäftigungen. Eine besondere Fähigkeit entwickelte er beim Feuermachen, wo er es schaffte, sich selbst gefangene Hasen am Lagerfeuer zuzubereiten, ohne dass verräterischer Rauch seinen Standort den Lehrern verriet.
In den Ferien unternahm er mit seinen Brüdern Reisen und Campingausflüge. So befuhren sie einmal die Themse bis zu ihrer Mündung. Dabei eignete er sich weitere Eigenschaften an, die heute einen Kernpunkt der Pfadfinderarbeit ausmachen und ihm später im Militärdienst zugutekommen sollten. Bei diesen Reisen, die sie bis nach Norwegen führten, waren sie mit dem Zelt unterwegs, orientierten sich nach den Sternen und brieten sich die selbst gefangenen Fische am offenen Feuer.
Der Familientradition entsprechend sollte "Stevie", wie er im Familienkreis genannt wurde, die Universität Oxford besuchen, bestand allerdings die Aufnahmeprüfung nicht. Stattdessen nahm er an der Aufnahmeprüfung für die Militärakademie Sandhurst6 teil, wo er die Prüfung bei der Kavallerie als zweitbester, bei der Infanterie als viertbester absolvierte. Aufgrund der guten Prüfungsergebnisse übersprang er die Offiziersausbildung und wurde sofort zum Unterleutnant befördert. Er trat beim 13. Husarenregiment7 in die britische Armee ein.
8 Robert Baden-Powell (1884): Reconnaissance and Scouting: A Practical Course of Instruction, in Twenty Plain Lessons, for Officers, Non-commissioned Officers, and Men, William Clowes and Sons, London
9 Die Zulu (auch amaZulu) sind eine afrikanische Volksgruppe der Bantu mit heute ca. fünf Millionen Menschen. Sie leben hauptsächlich in der Provinz KwaZulu-Natal, Südafrika.
10 Die bis zu 3.482 Meter hohen Drakensberge (deutsch: Drachenberge) sind das höchste Gebirge des südlichen Afrikas, sie bilden den östlichen Abschluss des südafrikanischen Binnenhochlands und erstrecken sie sich über etwa 1.000 Kilometer in Nord-Süd-Richtung.
11 Dinizulu ka Cetshwayo (1868 - 1913) König der Zulu. Bestieg nach dem Tod seines Vaters Cetshwayo am 21. Mai 1884 den Thron. Zu diesem Zeitpunkt war das Zulureich nach der Niederlage von 1879 gegen englische Kolonialtruppen (Zulukrieg) bereits kein souveräner Staat mehr.
12 Es existieren verschiedene Versionen zur Halskette Dinizulus. Aus den Aufzeichnungen Baden-Powells lässt sich herleiten, dass es sich nicht um ein Geschenk des Häuptlings an Baden-Powell handelte, sondern unser Gründer diese Kette erbeutete. Es gibt auch Quellen, die behaupten, die beiden sind sich nie persönlich begegnet.
13 Neueren Literaturangaben zufolge (insbesondere die von Tim Jeal verfasste Biographie) dürfte bisher die Geheimdiensttätigkeit im Lebenslauf Baden Powells maßlos übertrieben dargestellt worden sein. Es wird von einigen Autoren davon ausgegangen, das B.P. diesen Teil seiner Vita selbst durch Spionagegeschichten aufgepeppt hat.
14 Das Ashantireich bestand von ca. 1680 bis 1896. Es erstreckte sich auf dem Höhepunkt seiner Macht in etwa über das Staatsgebiet der heutigen Republik Ghana. Die Ashanti gehören zur großen Gruppe der Akanvölker, die vermutlich ab dem 13. Jahrhundert von Norden kommend in ihr heutiges Siedlungsgebiet in Zentralghana eingewandert sind.
15 Pempreh (der Dicke), auch Kwakuh Prah III. oder Agyeman Prempeh I., war der letzte unabhängige Asantehene, was so viel wie König bedeutet. Während in Pfadfinderquellen betont wird, dass Baden-Powell Pempreh nicht tötete, da er Blutvergießen vermeiden wollte, sprechen andere historische Quellen von einer brutalen Niederschlagung des Ashantireichs und einer Verschleppung Pemprehs.
16 Die Matabele, auch AmaNdebele (Ndbele) genannt, sind ein aus einer Abspaltung der Zulu hervorgegangenes Bantu-Volk. Das 1837 gegründete Matabele-Königreich wurde nach der Niederschlagung des Matabeleaufstandes 1896 Teil der englischen Kolonie Rhodesien.
17 Uwini galt unter den Matabele wegen seiner Gottheit M'limo als unsterblich und weigerte sich nach seiner Gefangennahme durch die Briten zu kapitulieren. Daraufhin wurde er zum Tode verurteilt und öffentlich erschossen.
18 "Aids to Scouting, for N.-C. Os. and Men" (Anleitung zum Spurenlesen" ist jenes Buch aus der Feder B.P.s, das als Lehrbuch für das Selbststudium von Soldaten gedacht war und zum Bestseller bei Englands Jugend wurde.
19 Auch hier dürfte es sich um einen Mythos handeln. Es gibt am afrikanischen Kontinent keine Wölfe, und "Impeesa" ist in IsiNdebele schlicht das Wort für Hyäne, aber wer trägt gerne stolz einen solchen Namen. Die englische Übersetzung "the Wolf that never sleeps" kam erst während der Belagerung von Mafeking auf.
20 Frederick Russel Burnham (1861 – 1947) stammte aus einer Missionarsfamilie in einem Indianerreservat in Minesota. Er schlug sich in seinen jungen Jahren als Kundschafter, Kurier, Büffeljäger, Cowboy und ähnliches durch Amerikas Westen. Als es ihn nach Afrika verschlug diente er der britischen Kolonialmacht und erreichte später den Dienstgrad eines Majors in der britischen Armee. Zu dieser Zeit lernte er Baden-Powell kennen, mit dem ihn dann eine lebenslange Freundschaft verband.
21 Die "5th (Princess Charlotte of Wales's) Dragoon Guards" gehen auf das "Duke of Shrewsbury's Regiment of Horse", welches 1685 gegründet wurde und 1992 im Regiment "3rd/6th Dragoon Guards" eingegliedert wurde. Die 13th Hussars waren in Indien und Südafrika eingesetzt, nahmen aber auch an der Schlacht bei Waterloo (18. Juni 1815) teil.
22 Mafeking – ursprünglich und heute wieder Mafikeng – wurde 1880 von britischen Händlern gegründet und liegt heute in der Republik Südafrika. Der Name bedeutet in der lokalen Tswana-Sprache (auch Setswana, eine Sprache aus der Gruppe der Bantu-Sprachen) "Steiniger Platz".
23 Das Buch "Scouting for Boys" ist in Form von 24 "Yarns", Lagerfeuergeschichten verfasst.
24 Major-General entspricht dem Dienstgrad eines Genralmajors im österreichischen Bundesheer, die oft zu lesende Aussage "[...] jüngster General der britischen Armee [...]" bezieht sich auf einen Dienstgrad im Generalstabsrang.
25 Zitiert aus: Eileen Kirkpatrick Wade, Frank Cyril James (1924):"The Piper of Pax: The Life Story of Sir Robert Baden-Powell, of Pax Hill, Bentley, in the County of Hampshire", C.A. Pearson, London
Die Militärzeit unseres Gründers beginnt in Indien, wohin er 1876 mit seinem Regiment, den 13th Hussars, beordert wurde. Hier machte er in seiner Freizeit Ausflüge in den Dschungel, beobachtete wilde Tiere und erforschte die Gegend. Beim Militär fiel er dadurch auf, dass er Theateraufführungen in seiner Garnison organisierte, Interesse für Jugendgruppen zeigte, aber vor allem den Kontakt zur einheimischen Bevölkerung suchte. Er erlernte Hindi, die Sprache der Inder, und unternahm wieder Streifzüge in die Armenviertel Indiens. Aus dieser Zeit stammt auch sein Spitzname "Bi-Pi", wie Baden-Powell von seinen Kameraden genannt wurde, bei denen er als großer Entertainer beliebt war.
Im Rahmen seiner militärischen Tätigkeit entwickelte er das – uns Pfadfindern bekannte – System der kleinen Gruppen. Als seine Vorgesetzten von seinen Kenntnissen vom Bewegen in der Natur und seiner Beobachtungsgabe erfuhren, übertrugen sie ihm die Ausbildung der Kundschafter, die Scouts genannt wurden. Neben dem Kleingruppenprinzip führte er hierbei die Methode des Learning-by-Doing ein. Abweichend vom üblichen militärischen Drill, entwickelte Baden-Powell ein Ausbildungssystem, wo er durch Vorbildwirkung – alles, was er verlangte, war er bereit selbst zu tun – und Übertragung von Verantwortung an die Patrullen große Erfolge erzielte. In dieser Zeit verfasste Baden-Powell das Buch "Nachrichtendienst und Kundschafterwesen"8, was ihm zu einer gewissen Bekanntheit in der britischen Armee verhalf.
Im Jahr 1880 bekam Baden-Powell den Auftrag, das Schlachtfeld von Maiwand zu kartographieren. Die heutige Meinung ist, dass ihm hier erstmals die Gräuel des Krieges bewusst wurden und er seine Abneigung gegen Kriege zur Lösung politischer Konflikte entwickelte, was ja schlussendlich zu seiner Sichtweise der Weltpfadfinderbewegung als starke Kraft für Völkerverständigung und Frieden führte.
Nach den Einsätzen in Indien und Afghanistan kamen Einsätze seiner Einheit in Südafrika, wo die politische Situation zu entgleisen drohte. Einerseits befand sich England mit dem Buren im Kriegszustand, andererseits war ein Aufstand der Zulu9 in Gange. Seine Aufgaben bestanden im Auskundschaften der Gegend und in der Einschätzung der Situation. Er bewegte sich bei seinem ersten Auftrag als Reporter verkleidet zwischen den feindlichen Linien und erkundete die als unzugänglich bekannten Drakensberge10. Dabei besuchte er Buren und Zulus in ihren Siedlungen und kehrte mit hervorragenden Kartenwerken – und der großen Hoffnung auf eine friedliche Lösung – zurück.
Es sollte jedoch anders kommen, Baden-Powell musste kurz darauf wieder nach Afrika. Der Zulukönig Dinizulu11 hatte 16.000 Anhänger um sich geschart und startete einen großen Aufstand gegen die britische Kolonialmacht. Es gelang Baden-Powell Dinizulu gefangen zu nehmen und dadurch die Situation zu befrieden. Mit diesem Abschnitt aus dem Leben unseres Gründers werden wir beim Woodbadge-Abzeichen konfrontiert. Die ersten Holzperlen, die Baden-Powell als Zeichen der absolvierten Ausbildung im Gilwel-Park verlieh, waren Teil einer Holzkette, die vermutlich aus dem Besitz Dinizulus stammte12. Bei dieser Holzkette handelte es sich um einen Halsschmuck, der die Göttlichkeit des Königs und somit die natürliche Macht bei den Zulus darstellte. Diese Insignien hoben den König über das restliche Volk hinaus. Es war somit von enormer symbolischer Relevanz, dass diese Herrscherinsigne vom Zulukönig an den britischen Kolonialoffizier überging. Mittlerweile handelt es sich um Nachbildungen dieser Holzperlen.
Danach kamen drei ruhigere Jahre in Malta, wo er als Assistant Military Secretary eingesetzt war, es gibt auch Angaben, die davon sprechen, dass er in dieser Zeit für den Geheimdienst am Balkan unterwegs war13.
Im Jahr 1895 war Baden-Powell wieder in Afrika, die Kolonialmacht Großbritannien führte Krieg gegen das Königreich der Ashanti14. Er war an der Gefangennahme des letzten souveränen Asantehene beteiligt, dem damals fünfzehnjährigen Pempreh15 (welcher später eines der Gründungsmitglieder der Pfadfinder von Ghana und über lange Jahre deren Präsident war).
Nur kurz nach seiner Rückkehr nach England wurde er sofort wieder nach Afrika beordert. Es war zu einem Aufstand des Volkes der Matabele16 im nördlichen Transvaal gekommen. 10.000 Matabele-Krieger unter ihrem Anführer, dem Medizinmann Uwini, bekämpften die britische Kolonialmacht. Baden-Powells Aufgabe war es, Uwini zu finden. Er konnte den Unterschlupf Uwinis auskundschaften, der Medizinmann ergab sich schließlich den Briten und wurde gefangen genommen, später jedoch hingerichtet17.
Während des Matabele-Aufstandes entstanden – folgt man den historischen Quellen – die meisten Grundlagen für die spätere Pfadfinderbewegung. Die pfadfinderische Geschichtsschreibung, speziell in deutschsprachigen Quellen, erzählt uns, dass Baden-Powell untertags den Spuren Uwinis folgte und abends am Lagerfeuer an seinem Buch "Aids to Scouting"18 schrieb. Einig sind sich alle historischen Quellen, dass Baden-Powell sich zu dieser Zeit intensiv mit jenen Techniken beschäftigt, die später typisch für Pfadfinder wurden. Ziel war damals allerdings das militärische Kundschafterwesen. In vielen Darstellungen beschränkt man sich darauf, dass Baden-Powell von den Einheimischen das Spurenlesen erlernte und von ihnen dafür bewundert wurde. Diese Geschichte mag einen wahren Kern haben, vereinfacht die Entwicklung allerdings sehr. Aus dieser Zeit stammt auch der Name "Impeesa" – der Wolf, der niemals schläft – den die Eingeborenen Baden-Powell gaben19. Sicher nicht unwesentlich für die spätere Entwicklung war die Bekanntschaft mit Frederick Russell Burnham20, der zu dieser Zeit großen Einfluss auf Baden-Powell ausübte. Burnham stammte aus Amerika, hatte kaum Schulbildung und war als Kundschafter und Spurenleser bei der Eroberung des amerikanischen Westens tätig. Er war als Abenteurer und Weltreisender unterwegs, bis er in Afrika für die Britische Armee tätig und in diese als Offizier aufgenommen wurde. Dort lernte er auch den späteren Gründer der Pfadfinderbewegung, Baden-Powell, kennen. Die beiden Männer verband bald eine tiefe Freundschaft, viele der Fertigkeiten Burnhams aus der Zeit der Besiedelung des amerikanischen Westens brachte er Baden-Powell bei. Historische Quellen berichten, dass viele Ideen des "scoutings" von Burnham stammen, der diese wieder von den Indianern Nordamerikas erlernt haben soll. Es gibt Quellen, die von Baden-Powell als "Gründer" und Burnham als "Vater" der Pfadfinderbewegung sprechen. Zu der Zeit, als Baden-Powell regelmäßig mit Burnham Patrouille ritt, begann er auch den breitkrempigen "Stetson Campaign Hat" und das Halstuch zu tragen, das Burnham aus den Vereinigten Staaten mitgebracht hat.Nach einem kurzen Aufenthalt in Indien übernahm Baden-Powell 1897, inzwischen zum Hauptmann befördert, das Kommando über das 5. Dragonerregiment21, mit dem er wieder nach Südafrika versetzt wurde. Es war der zweite Burenkrieg ausgebrochen. In Afrika gab es zu dieser Zeit zwei unabhängige Burenrepubliken, die sich gegen den imperialistischen Einfluss Großbritanniens wehrten. In der modernen Geschichtsschreibung wird einhellig – ohne auf verschiedenste nationale Mythen Rücksicht zu nehmen – von einem Krieg um Einfluss in Afrika und Zugang zu seinen Bodenschätze gesprochen. Was Baden-Powell endgültig berühmt – und zu einem britischen Volkshelden – machte, war die Belagerung von Mafeking22. Es handelt sich dabei um eine kleine, nicht wirklich bedeutende Frontstadt – eher ein erweitertes Militärlager, in diesem Krieg. Da jedoch Baden-Powell zu dieser Zeit schon ein gewisses Maß an Berühmtheit erlangt hatte, wollte General Piet Cronjé, der Oberbefehlshaber auf Seite der Buren, ihn gefangen nehmen, was schlussendlich zur Belagerung von Mafeking führte. Vom 13. Oktober 1899 weg konnte die Stadt unter ihrem Kommandanten Baden-Powell 217 Tage lang der Belagerung einer großen Übermacht von Buren standhalten. Am 17. Mai 1900 wurde die Stadt von britischen Truppen befreit. Während dieser Zeit verfolgte die britische Öffentlichkeit gespannt alle Meldungen, die aus der belagerten Stadt nach außen drangen. Bekannt sind in diesem Zusammenhang die unzähligen Täuschungsmanöver, in denen Baden-Powell den Belagerern eine viel höhere Zahl an Verteidigern vorspielte, als sich tatsächlich in der Stadt befanden. Die Überlieferungen berichten von Scheinstellungen, von mit Strohpuppen besetzten Verteidigungsanlagen und anderen Listen.
Das so genannten "Mafeking Cadet Corps" spielte eine wichtige Rolle bei der Verteidigung der belagerten Stadt. Viele sehen darin die Vorläufer der späteren "Boy Scouts". Tatsache ist, das Baden-Powell diese nicht gegründet hatte, aber intensiv einsetzte. Er war sehr beeindruckt von den Leistungen der Jugendlichen – immerhin handelte es sich um Burschen zwischen zwölf und fünfzehn Jahren. Wie wir heute dazu stehen sollen, dass Jugendliche für militärische Dienste – teilweise hinter der Frontlinie im Feindesland – eingesetzt wurden, mag jedem selbst überlassen bleiben. Im 21. Jahrhundert würde man wohl eher von Kindersoldaten sprechen. Fest steht, dass Baden-Powell soweit begeistert war, dass er das Mafeking Cadet Corps bereits im ersten "Yarn"23 seines Buchs Scouting for Boys lobend erwähnte.
Zurück in England wurde Baden-Powell zum Major-General befördert und war damals der jüngste General24 der britischen Armee. Er bekam danach den Auftrag, die Südafrikanische Schutzpolizei zu organisieren. Wir dürfen uns unter dieser "South African Constabulary" keine Polizeieinheit im heutigen Sinne vorstellen. Vielmehr galt es, in den beiden besiegten und der britischen Kolonie einverleibten Burenrepubliken für Ordnung zu sorgen. Mit der Uniform, die Baden-Powell für "seine" Truppe entwarf, tauchten erstmals alle jene Elemente auf, die später die Pfadfinderuniform ausmachen sollten. 1903 kehrte unser Gründer endgültig nach England zurück und übernahm das Amt eines General-Truppeninspektors für die Kavallerie.
Inzwischen war Baden-Powell nicht nur zum Nationalhelden, sondern auch zu einem Idol der Jugend geworden. Kinder und Haustiere wurden nach ihm benannt, sein inzwischen veröffentlichtes Buch "Aids to Scouting" wurde zum Bestseller unter Englands Jugend, überall im Land taten sich Jugendliche zusammen und gründeten Pfadfinderpatrullen, -trupps und -gruppen. Es soll hier aus einem Brief eines neunjährigen Bewunderers zitiert werden, um zu zeigen welche Formen die Verehrung Baden-Powells annahm: "[…] We have two rabbits and one of them stays awake while the other sleeps so we have named him after you as people say you are the man who never sleeps. […]"25.
Nachdem Baden-Powell so, ohne es zu wollen, zum Idol der Jugend wurde, begann er sich intensiver mit Jugendarbeit zu beschäftigen, sich der Jugend anzunehmen, was schließlich zur Gründung der weltweiten Pfadfinderbewegung führte. Damit wollen wir uns im nächsten Kapitel beschäftigen. 1910 beendet er schließlich seine militärische Laufbahn, King Edward entlässt ihn auf seinen Wunsch aus dem Militärdienst, damit er sich fortan nur noch den Pfadfindern widmen kann.
26 Die Boys' Brigade ist vor allem in Großbritannien und den Commen Wealth Staaten vertreten. Sie wurde bereits 1854 in Glasgow von William Alexander Smith gegründet, auch Baden-Powell engagierte sich in der Boys' Brigade, bevor er "seine" Boy Scouts gründete. In der offiziellen Geschichtsschreibung der Boys' Brigade gehen die Pfadfinder aus dieser hervor. Tatsache ist, dass sich Baden-Powell und William Alexander Smith persönlich gekannt haben und gegenseitig beeinflussten.
27 Seton, Ernest Thompson (1906): The birch-bark roll of the Woodcraft Indians, containing their constitution, laws, games, and deeds, Doubleday, Page & Company, New York
28 Seton, Ernest Thompson (1939): The book of woodcraft ..., The Sun dial press, inc, New York
29 Hier soll nicht das Lebenswerk unseres Gründers schlecht gemacht oder Plagiatsvorwürfe gegen ihn vorgebracht werden, aber gerade wir, die als PfadfinderInnen auf bewussten Umgang mit der Wahrheit und kritisches Hinterfragen von Meinungen Wert legen, sollten nicht einer falschen Heldenverehrung anheimfallen, sondern uns durchaus bewusst sein, wo die Wurzeln unserer Bewegung liegen. Die Autoren einiger Veröffentlichungen zur Geschichte der Pfadfinderbewegung sprechen eindeutig von Plagiaten bei Veröffentlichungen Baden-Powells. Eine Rolle spielte dies auch in einem Urheberrechtsprozess um das Wort "Boy Scout" der zwischen den "Boy Scouts of America" und den "United States Boy Scouts" zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Obersten Gerichtshof von New York County ging.
30 Johann Heinrich Pestalozzi (1746 – 1827) war ein Schweizer Pädagoge. Außerdem machte er sich als Philanthrop, Schul- und Sozialreformer, Philosoph sowie Politiker einen Namen. (Quelle: Wikipedia //de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Pestalozzi)
31 Friedrich Ludwig Jahn (1778 - 1852), auch "Turnvater Jahn" genannt; war der Initiator der deutschen Turnbewegung. (Quelle: Wikipedia //de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Ludwig_Jahn)
32 Maria Montessori (1870 - 1952) war eine italienische Ärztin, Reformpädagogin, Philosophin und Philanthropin. Sie entwickelte die Montessoripädagogik. (Quelle: Wikipedia //de.wikipedia.org/wiki/Maria_Montessori)
33 Brownsea Island liegt in der Hafeneinfahrt von Poole Harbour bei Poole, Dorset, im Süden Großbritanniens. Nähere Informationen auf Wikipedia //de.wikipedia.org/wiki/Brownsea_Island (deutsch) bzw. //en.wikipedia.org/wiki/Brownsea_Island (engl.)
34 The Most Honourable Order of the Bath (dt. Höchst Ehrenvoller Orden vom Bade, kurz Bathorden) ist ein britischer Verdienstorden, der 1399 von König Heinrich IV. gestiftet wurde und mit dem heute in erster Linie hohe militärische und zivile Beamte ausgezeichnet werden. Seinen Namen hat der Orden vom symbolischen Ritus des Bades, dem sich die zur Aufnahme vorgesehenen Ritter vor ihrer Einkleidung als Ordensmitglieder ursprünglich unterziehen mussten. (wörtlich zitiert aus Wikipedia: //de.wikipedia.org/wiki/Order_of_the_Bath)
35 The Most Honourable Order of the Bath (dt. Höchst Ehrenvoller Orden vom Bade, kurz Bathorden) ist ein britischer Verdienstorden, der 1399 von König Heinrich IV. gestiftet wurde und mit dem heute in erster Linie hohe militärische und zivile Beamte ausgezeichnet werden. Seinen Namen hat der Orden vom symbolischen Ritus des Bades, dem sich die zur Aufnahme vorgesehenen Ritter vor ihrer Einkleidung als Ordensmitglieder ursprünglich unterziehen mussten. (wörtlich zitiert aus Wikipedia: //de.wikipedia.org/wiki/Order_of_the_Bath)
36 Der Royal Victorian Order (Dt.: Victoria-Orden) ist ein britischer Hausorden, der am 21. April 1896 durch Queen Victoria gestiftet wurde und mit dem Personen ausgezeichnet werden, die britischen Monarchen oder einem Mitglied der königlichen Familie persönlich gedient haben. Dies sind zumeist Mitglieder des königlichen Haushalts und Hofstaates, aber auch Familienmitglieder, Angehörige der Streitkräfte und britische Diplomaten, die einen Staatsbesuch organisiert haben. Eine Verleihung an Ausländer ist ebenso möglich. Anders als die meisten anderen Orden und Ehrenzeichen des Vereinigten Königreichs wird der Royal Victorian Order nicht aufgrund einer Nominierung durch den Premierminister vergeben, sondern das Recht zur Vergabe obliegt ausschließlich dem regierenden Monarchen. (wörtlich zitiert aus Wikipedia: //de.wikipedia.org/wiki/Royal_Victorian_Order)
37 Nähere Informationen (engl.): //en.wikipedia.org/wiki/Crystal_Palace_Rally
38 Der Crystal Palace wurde für die erste Weltausstellung 1851 in London im viktorianischen Baustil ursprünglich im Hyde Park errichtet und nach dem Ende der Weltausstellung nach Sydenham in den Londoner Stadtbezirk Lewisham versetzt. 1936 wurde der Crystal Palace durch einen Brand vollkommen zerstört. Quelle und weiterführende Informationen: //de.wikipedia.org/wiki/Crystal_Palace_(Geb%C3%A4ude)
39 Nähere Informationen (engl): //en.wikipedia.org/wiki/Orders,_decorations,_and_medals_of_Chile#Medals bzw. (span.): //es.wikipedia.org/wiki/%C3%93rdenes,_condecoraciones_y_medallas_de_Chile
40 Quelle: Jeal, Tim (1989): "Baden-Powell – Founder oft he Boy Scouts", Hutchinson, London bzw. "B-P's Ladder of Life", A Chronology from Eileen K. Wade, Baden-Powell, 1944 (zitiert in: //www.pinetreeweb.com/bp-ladder.htm).
41 Major Eric George Sherbrooke Walker, MC (1887–1976) war Offizier der Britischen Armee, diente im Ersten Weltkrieg beim Royal Flying Corps, dem Vorgänger der jetzigen britischen Royal Air Force. Er wurde abgeschossen und geriet in deutsche Kriegsgefangenschaft. Es gibt die – nicht näher bestätigte – Geschichte, dass ihm bei einem seiner 36 Ausbruchsversuche eine deutsche Freundin aus Vorkriegszeiten einen von Baden-Powell besorgten Drahtschneider in einem Stück Schinken versteckt zukommen ließ. Eric Walker war einer der ersten beiden Scout Inspectors, zuständig für Wales und Südengland. Nach dem Ersten Weltkrieg betätigte er sich als Alkoholschmuggler während der Prohibition in den USA, zu einer Zeit als seine Frau Lady Elizabeth Mary "Bettie" Feilding an der britischen Botschaft in Washington D.C. beschäftigt war. In den späten 1920ern ließ er sich als Hotelier in Kenia nieder und gründete das Outspan Hotel (1928), später das angeschlossene Treetops Hotel (1932). Auch Baden-Powells späterer Alterssitz liegt im Bereich des Outspan Hotels. Quelle: Wikipedia (//en.wikipedia.org/wiki/Eric_Sherbrooke_Walker).
Schon vor dem Entstehen von Pfadfindergruppen existierten verschiedene Jugendorganisationen in Großbritannien, eine der bedeutendsten war sicherlich die "Boys' Brigade"26, eine streng christliche, militärisch organisierte Vereinigung, die bereits Methoden wie Camping verwendete. Ziele waren aber vor allem Respekt, Disziplin oder Selbstbeherrschung, auch ein – in Großbritannien damals durchaus übliches – Klassenbewusstsein war Element dieser Jugendvereinigung, wo die Herkunft des Jugendlichen durchaus von Bedeutung war. Bereits 1903 nahm Baden-Powell die Einladung an, Vizepräsident der Boys' Brigade zu sein.
Man darf sich die Gründung der Pfadfinder nicht als einmaligen plötzlichen Geistesblitz Baden-Powells vorstellen. Vielmehr reiften die Ideen, die schlussendlich zur Gründung – oder besser Entstehung – der weltweiten Pfadfinderbewegung führten, langsam heran, teilweise war unser Gründer selbst überrascht, wie intensiv und begeistert die Jugend seine Ideen annahm und umsetzte. Daher erscheint es verständlich, dass auch andere Personen und nicht nur Baden-Powell selbst – manche durchaus bewusst, andere oft unbewusst – ihren Beitrag dazu leisteten, dass sich heute einige Millionen Jugendliche als zu den Pfadfindern zugehörig bezeichnen. Wer waren nun aber jene Persönlichkeiten, die Baden-Powell beeinflussten, von denen er Ideen für die Pfadfinderbewegung übernahm?
Im vorigen Abschnitt wurde bereits Frederick Russell Burnham erwähnt, der seine Erfahrungen aus einer Gegend und Zeit, die uns heute als Wilder Westen geläufig ist, an Baden-Powell weitervermittelte. Die Geschichte erzählt uns, dass er auch die Kenntnisse der nordamerikanischen Ureinwohner – der Indianer – an ihn weitervermittelte. Dies führt uns zu einer weiteren, für die Entwicklung der Pfadfinderbewegung wichtigen Person. Anders als Burnham, der über sein abenteuerliches Leben im aufstrebenden Westen der USA seine Fähigkeiten als Scout – im damaligen Sinn des Wortes – erlangte, beschäftigte sich Ernest Thompson Seton als Naturforscher erstmals mit den amerikanischen Ureinwohnern und hatte bereits 1902 die "Woodcraft Indians" gegründet, eine Jugendbewegung, in der er die Gebräuche und das Leben der Indianer den weißen Jugendlichen näher brachte. Schon damals gab es eine Einteilung die unserem Patrullensystem entspricht, auch ein Ausbildungsprogramm ähnlich zum Erprobungssystem existierte. Damals veröffentlichte er Artikel zu diesem Thema, die später als "Birch Park Roll"27 und "Book of Woodcraft"28 in Buchform veröffentlicht wurden. 1906 traf Seton in England mit Baden-Powell zusammen und blieb ab dann mit ihm in Kontakt. Baden-Powell wurde zu dieser Zeit von William Alexander Smith, dem Gründer der Boys' Brigade, bedrängt, ein Erziehungsprogramm für diese auf Basis der Ideen des Scoutings zu entwickeln. All dies führte schließlich dazu, dass Baden-Powell die "Bibel der Pfadfinderbewegung", sein Buch "Scouting for Boys" verfasste. Während heute die bei uns Pfadfindern gängige Sichtweise ist, dass dieses Buch als die zivile Version von "Aids to Scouting" geschrieben wurde, um es für die Jugendlichen zu adaptieren, wird man bei kritischer Betrachtung feststellen, dass es weit mehr Elemente enthält, die aus der – einige Jahre zuvor erschienenen - Birch Park Roll zu stammen scheinen, als aus Baden-Powells Buch Aids to Scouting29.
Baden Powell führte in verschiedenen Aussagen Auflistungen unterschiedlichste Personen, Vereinigungen, Legenden oder Völker an, die ihn bei der Gründung der Pfadfinder beeinflusst hätten. Darunter finden sich logischerweise die Zulus, die Indianer Nordamerikas aber auch die Maori. Er zählt unter anderen bekannten Namen wie z.B. Pestalozzi30 oder Jahn31, aber auch Maria Montessori32 auf. Es scheint, dass er sehr bemüht war, in einer Zeit, in der die pädagogischen Systeme im Umbruch waren und viele neue Methoden diskutiert wurden, die Bedeutung der Pfadfinderidee als pädagogische Methode auf eine breite Basis zu stellen.
Bevor jedoch 1908 "Scouting for Boys" veröffentlicht wurde, fand jenes Ereignis statt, dass jedem Pfadfinder, jeder Pfadfinderin auf der ganzen Welt bekannt ist. Das berühmte Lager auf der Insel Brownsea33, welches heute als Gründungszeitpunkt der Pfadfinderbewegung gilt. Ab nun stellte die Pfadfinderbewegung den Lebensinhalt Baden-Powells dar. Zwar war er nach wie vor General in der Britischen Armee, aber bereits 1910 durfte er auf seinen Wunsch aus dem aktiven Dienst ausscheiden.
Inzwischen war Baden-Powell bereits mit einigen hohen Orden ausgezeichnet worden, bereits 1900 war er zum "Companion des Order of the Bath (CB)"34 ernannt worden, 1909 wurde er schließlich zum "Knight Commander des Order of the Bath (KCB)" 35. In diesem Jahr kam als weitere Auszeichnung der "Knight Commander des Royal Victorian Order (KCVO)"36 dazu. Durch die Verleihung dieses Ordens, wurde Baden-Powell zum Ritter geschlagen, er wurde zu Sir Robert Baden-Powell. Es war dies auch das Jahr, in dem Baden-Powell das erste offizielle Pfadfindertreffen, die "Rally for all Scouts"37 im Crystal Palace38 in London organisierte. Zu diesem Treffen kamen bereits 11.000 Pfadfinder, darunter auch die ersten Mädchen.
Ab nun führten ihn seine Reisen in die ganze Welt. Während er anfangs als hoher Militär die Armeen anderer Staaten besuchte waren die neu entstehenden Pfadfinderverbände auf der ganzen Welt bald das Ziel seiner Reisen. Im August 1910 unternahm er mit 15 Burschen eine Reise nach Kanada, um Werbung für die Pfadfinderbewegung zu machen. In diesem Jahr wurde ihm in Chile – dem ersten Land, in dem außerhalb des damaligen British Empire eine Pfadfindergruppe gründet wurde (1909) – der Chilenische Verdienstorden (Orden al Mérito de Chile39) verliehen. Im Jahr 1911 war er unter einigen Auserwählten, die geladen wurden, mit dem Deutschen Kaiser (Wilhelm II, deutscher Kaiser 1888 – 1918) zu speisen. Schon vorher war er vom russischen Zaren (Nikolaus II, russischer Kaiser 1894 - 1917) eingeladen worden, um sein Pfadfinderprojekt zu präsentieren40. Dazwischen war er – meist begleitet von seinem Privatsekretär Eric Walker41 – unterwegs, um Vorträge zu halten und Neugründungen von Pfadfindergruppen beizuwohnen, aber auch um Bezirks, Landes- und nationale Organisationsstrukturen der aufstrebenden Pfadfinderbewegung zu koordinieren und Repräsentanten zu rekrutieren. Er fand immer wieder reiche Grundbesitzer, die sich bereit erklärten, "County Commissioner" der neugegründeten Pfadfinderbewegung zu werden.
42 Sir Francis Patrick Fletcher-Vane, 5th Baronet (1861 – 1934) war ein Unterstützer Baden-Powells der ersten Stunde. 1909 war er London Commissioner der "Boy Scouting Association". Ende desselben Jahres kam es allerdings zum Zerwürfnis und er gründete die "British Boy Scouts" aus denen 1911 der "Order of World Scouts" hervorging. Quelle: Wikipedia (//en.wikipedia.org/wiki/Francis_Vane).
43 Der "Order of World Scouts" ist eine 1911 von Sir Francis Vale gegründete Organisation, die sich aus den "British Boy Scouts" entwickelt hat. Die British Boy Scouts spalteten sich 1909 unter Sir Francis Vale von der "Boy Scouting Association", den "offiziellen" Pfadfindern Baden-Powells ab. Quelle: Wikipedia (//en.wikipedia.org/wiki/Order_of_World_Scouts).
44 Quelle: Jeal, Tim (1989): "Baden-Powell – Founder oft he Boy Scouts", Hutchinson, London
45 Jeal, Tim (1989): "Baden-Powell – Founder oft he Boy Scouts", Hutchinson, London
46 Reynolds, E. E. (1943): "B-P, The Story of His Life" , Oxford University Press, London
47 Arthur Robert Peter Baden-Powell, 2nd Baron Baden-Powell (1913 – 1969) war ältester Sohn von Baden-Powell. Wie sein Vater besuchte er die Charterhouse Scholl und das Royal Military College Sandhurst. Er machte Dienst in der Südafrikanischen Schutzpolizei und diente später in der Verwaltung von Rhodesien. Bis zu seinem Tod war er intensiv in der Pfadfinderbewegung engagiert. 1957 wurde ihm die höchste Auszeichnung der Österreichischen Pfadfinder, der Silberne Steinbock, verliehen. (Quelle: //en.wikipedia.org/wiki/Peter_Baden-Powell,_2nd_Baron_Baden-Powell)
48 Der Most Venerable Order of the Hospital of St. John (Johanniterorden) ist ein aus dem "Orden vom Spital des heiligen (St.) Johannes zu Jerusalem" hervorgegangener britischer Ritterorden, vergleichbar dem deutschen Johanniterorden. Er besteht im gesamten Commonwealth, den USA und in Hongkong. Obwohl die Mitglieder des Ordens meist Protestanten sind, steht er auch Mitgliedern anderer christlicher Bekenntnisse offen. Mitglied kann man nur auf Einladung werden. Der Orden ist vor allem bekannt durch seine größte Dienstleistungsorganisation, die "St. John Ambulance" (entspricht der deutschen Johanniter-Unfall-Hilfe). Quelle: //de.wikipedia.org/wiki/Order_of_Saint_John bzw. //en.wikipedia.org/wiki/Venerable_Order_of_Saint_John
Im Jänner 1912 brach er zu einer Welttournee auf, um sich ein Bild von der aufstrebenden Pfadfinderbewegung in der ganzen Welt zu machen und sich den vielen jungen Pfadfindern zu zeigen. Ein Hintergedanke war dabei auch, sicherzugehen das die von Sir Francis Vane42 ins Leben gerufene Konkurrenzorganisation "Order of World Scouts"43 in Übersee nicht an Boden gewann.
Das entscheidendste für das weitere Leben Baden-Powells war jedoch, dass er schon kurz nachdem er sich am 3. Jänner 1912 in Birmingham an Bord der SS Arcadian eingeschifft hatte, auf seine zukünftige Frau, Olave St Clair Soames traf, die mit ihrem Vater auf einer Reise nach Jamaica war. Olave war – auf den Tag – 32 Jahre jünger als Baden-Powell. Aus Tagbucheinträgen44 vor allem von Olave geht hervor, dass die beginnende Romanze durchaus auf beiderseitiger Zuneigung beruhte, wobei Olave offen von ihrer Verliebtheit schreibt, während Baden-Powell anfangs das kameradschaftliche hervor streicht. Baden-Powell reist weiter von den USA über Japan nach Australien und kommt Ende August zurück nach England. Er bricht allerdings sofort wieder auf, um mit seinem Neffen Donald eine zweiwöchige Norwegen Tour zu unternehmen. Wann und ob in diesem Zeitraum die Verlobung stattfand, lässt sich schwierig nachvollziehen, bleiben wir bei der aktuellen Version des Biographen Tim Jeal45, der aus den verschiedenen Quellen ableitet, dass Baden-Powell - der Kriegsheld - plötzlich fürchterliche Angst vor der Ehe hatte. In der Biographie von E. E. Reynolds46 wird die lange übliche Version dargestellt, dass Baden-Powell bereits an Bord der Arcadia Olave St. Clair gefragt hatte, ob sie seine Frau werden will. Die offizielle Version ist jedenfalls, dass sich Miss Olave Soames und Sir Robert Baden-Powell im September 1912 verlobten. Am 30. Oktober fand die Hochzeit heimlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die erste gemeinsame Reise führte die beiden nach Nordafrika, wo sie meist auf Wanderungen im Atlasgebirge unterwegs waren und die meiste Zeit im Zelt nächtigten.
Genau ein Jahr nach der Hochzeit kam ihr erster Sohn Arthur Robert Peter47 zur Welt. Die Familie Baden Powell lebte in Kensington, London in einer Wohnung, die ihnen Henrietta Soames, Olaves Mutter, zur Verfügung gestellt hatte. Doch lange hielt es Baden-Powell in der Großstadt nicht aus, und schon bald mietete er ein Haus am Land bei Robertsbridge in East Sussex. In der Zwischenzeit war Baden-Powell zum "Knight of Grace" des "Order of St. John of Jerusalem"48 ernannt worden (1912).
49 Hon. Heather Grace Baden-Powell (1915 – 1986), verheiratet mit John Hall King
50 Hon. Betty St. Clair Baden-Powell, CBE (1917 –2004) war die jüngste Tochter von Baden-Powell. Wie ihre Mutter heiratete sie einen deutlich älteren Mann, den sie auf einer Schiffsreise kennengelernt hatte und der am selben Tag wie sie Geburtstag hatte. Sie war ihr Leben lang in der Pfadfinderbewegung engagiert und hatte verschiedene höhere Ämter sowohl bei den Scouts als auch den Guides inne. (Quelle: //en.wikipedia.org/wiki/Betty_Clay)
51 Das Anwesen Pax Hill liegt in Bentley an der Grenze der Grafschaften Surrey und Hampshire. Es wurde 1918 von den Baden-Powells erworben und blieb bis 1939 ihr Familiensitz, im Jahr 1942 wurde Pax Hill von kanadischen Militäreinheiten okkupiert, Lady Olave bekam als Entschädigung eine Wohnung im Hampton Court Palace. Nach dem Zweiten Weltkrieg schenkte Olave Baden-Powell Paxhil der Girl Guiding Association (heute: Girl Guiding UK). 1953 wurde Pax Hill mit der Zustimmung von Lady Olave verkauft, seit 1988 ist es im Besitz des heutigen Eigentümers und wird als Pflege- und Altenheim geführt. Quelle: Wikipedia (//de.wikipedia.org/wiki/Pax_Hill) bzw. englischsprachige Wikipedia (//en.wikipedia.org/wiki/Pax_Hill).
52 Ein bis heute bestehendes, Ausstellungszentrum in West Kensington, London. Siehe auch //en.wikipedia.org/wiki/Olympia,_London
53 Beim ersten Welt Jamboree kamen 8.000 Pfadfinder aus 34 Ländern zusammen. Umfangreiche Informationen dazu gibt es im Internet bei Wikipedia (englisch: //en.wikipedia.org/wiki/1st_World_Scout_Jamboree) oder bei the Pine Tree Web (//www.pinetreeweb.com/1920-jamboree.htm)
54 Zitiert aus: WOSM (2011): World Scout Jamborees History, World Scout Bureau, Genf (download unter: //scout.org/en/content/download/10821/89497/file/Fact%20sheet%20-%20Jamborees.pdf)
55 William Frederick de Bois Maclaren (1856 – 1921) war Verleger und Geschäftsmann aber auch Scout Commissioner (Funktionär im Bereich Bezirksbeauftragter bis Landesfeldmeister) aus Roseneath in Schottland. Mehr Informationen unter //en.wikipedia.org/wiki/William_de_Bois_Maclaren
56 Das bis heute bestehende Pfadfinderzentrum "Gillwell Park" liegt in Sewardstonebury, Epping Forest (ca. 15 km nordöstlich von London) und wurde durch Grundankäufe inzwischen auf ca. 55 ha erweitert. Bedeutung hat Gilwell Park vor allem bei der Woodbadge Ausbildung. Das zum Woodbadge gehörige Gilwellhalstuch trägt den Tartan der Maclarens als Tribut an den Spender von Gilwell Park. Umfangreiche Informationen zum Gilwell Park gibt es bei Wikipedia (englisch: //en.wikipedia.org/wiki/Gilwell_Park, deutsch: //de.wikipedia.org/wiki/Gilwell_Park) bzw. auf der Website der "1st Gilwell Park Scout Group" (//1stgilwellpark.org/default.asp)
57 Baronet (weibliche Form, wenngleich äußerst selten: Baronetess; beide als Verkleinerungsform zu Baron) ist ein Titel in Großbritannien, der - unter anderem auf Vorschlag des britischen Premierministers bzw. der britischen Regierung - vom britischen Monarchen an in der Regel britische Bürgerliche verliehen werden und vom Titelträger auf die folgenden Generationen vererbt werden kann. Die Baronets gehören nicht zur Peerage, und damit nicht zum eigentlichen britischen Adel, sondern bilden zusammen mit den Knights (Ritter) die sogenannte Gentry. (zitiert aus Wikipedia: //de.wikipedia.org/wiki/Baronet)
58 Der Erlöser-Orden (griechisch Τάγμα του Σωτήρος, Tagma tou Sotiros) wurde am 31. Juli 1829 durch die griechische Nationalversammlung gestiftet und von König Otto I. am 20. Mai 1833 mit Statuten versehen. (Quelle und weiterführende Informationen: //de.wikipedia.org/wiki/Erl%C3%B6ser-Orden)
59 Der Royal Victorian Order (Dt.: Victoria-Orden) ist ein britischer Hausorden, der am 21. April 1896 durch Queen Victoria gestiftet wurde und mit dem Personen ausgezeichnet werden, die britischen Monarchen oder einem Mitglied der königlichen Familie persönlich gedient haben. Dies sind zumeist Mitglieder des königlichen Haushalts und Hofstaates, aber auch Familienmitglieder, Angehörige der Streitkräfte und britische Diplomaten, die einen Staatsbesuch organisiert haben. Eine Verleihung an Ausländer ist ebenso möglich. Anders als die meisten anderen Orden und Ehrenzeichen des Vereinigten Königreichs wird der Royal Victorian Order nicht aufgrund einer Nominierung durch den Premierminister vergeben, sondern das Recht zur Vergabe obliegt ausschließlich dem regierenden Monarchen. (wörtlich zitiert aus Wikipedia: //de.wikipedia.org/wiki/Royal_Victorian_Order)
60 The Most Distinguished Order of Saint Michael and Saint George (Orden vom Heiligen Michael und Georg) ist ein britischer Orden, der am 28. April 1818 von Georg, Prince of Wales (später König Georg IV.) ins Leben gerufen wurde. Georg war zu diesem Zeitpunkt Prinzregent für seinen Vater, Georg III. Er wird in den meisten Fällen zur Ehrung britischer Staatsangehöriger verliehen, die eine hohe Position in einem anderen Staat innehatten oder haben (zum Beispiel Diplomaten) oder sich bedeutende Verdienste um den Commonwealth of Nations oder die Beziehungen zu ausländischen Staaten erworben haben. Es gibt aber auch nicht-britische Mitglieder des Ordens. Das Motto des Ordens ist Auspicium melioris aevi (Verheißung einer besseren Zeit). Seine Schutzpatrone sind der Erzengel Michael und der Heilige Georg. (Quelle und weiterführende Informationen: //de.wikipedia.org/wiki/Order_of_St_Michael_and_St_George)
61 Die Ehrenlegion (französisch Légion d'honneur) ist ein französischer Verdienstorden. Der Orden wurde am 19. Mai 1802 von Napoléon Bonaparte, damals noch erster Konsul, in der Absicht gestiftet, militärische und zivile Verdienste, ausgezeichnete Talente und große Tugenden zu belohnen. Kein Staatsbürger ist seiner Geburt, seines Standes oder seines Religionsbekenntnisses wegen von diesem Orden ausgeschlossen. Die Ehrenlegion ist die ranghöchste Auszeichnung Frankreichs. (Quelle und weiterführende Informationen: //de.wikipedia.org/wiki/Ehrenlegion)
Die folgenden Jahre war Baden-Powell ständig auf Reisen und widmete sein Leben ganz dem Aufbau der weltweiten Pfadfinderbewegung. Das Jahr 1914 brachte allerdings einschneidende Änderungen – nicht nur für das Leben Baden-Powells – mit sich. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam es zu chaotischen Zuständen in der Führung der Pfadfinderbewegung, da ein Großteil der Pfadfinderführer zur Armee einrückten, um in den Krieg zu ziehen. Es stellte sich auch sofort die Frage, welche Rolle die Pfadfinder im beginnenden Ersten Weltkrieg spielen sollten. Schon seit einigen Jahren war Baden-Powell bemüht, eine Militarisierung der Pfadfinderbewegung zu verhindern. Während des Krieges übernahmen die Pfadfinder Aufgaben bei der Küstenwache, bei der Überwachung von Telegraphenleitungen und als Botendienst. Baden-Powell selbst besuchte in den ersten Kriegsjahren mehrmals Frankreich. In dieser Zeit wurden auch seine beiden Töchter Heather Grace49 (1. Juni 1915) und Betty St. Clair50 (16. April 1917) geboren. Es tauchten immer wieder Gerüchte auf, er sei für den Secret Service als Spion in Deutschland unterwegs. Diese können durch keinerlei Unterlagen bewiesen werden, allerdings unternahm Baden-Powell – der ein Faible für Legendenbildung hatte – nichts dagegen.
1918 erwarb das Ehepaar Baden-Powell den Landsitz "Pax Hill"51 (bis zum Erwerb durch BiPi "Blackacre"). Damit hatte sich Baden-Powell endlich den Traum vom Leben auf dem Land erfüllt. Hierher konnte er sich zwischen allen seinen Reisen zurückziehen.
Nach dem Ende des Krieges widmete er sich wieder voll und ganz dem Aufbau und der Weiterentwicklung "seiner" Pfadfinderbewegung. Im Jahr 1920 fand dann schließlich in Olympia, London52 das erste offizielle Welt Jamboree53 statt. Es war schon bald nach der Gründung eine der Bestrebungen Baden-Powells, die Pfadfinderbewegung als Chance für mehr Frieden zu etablieren. Die Eindrücke aus dem Ersten Weltkrieg bestärkten ihn in der Auffassung, dass man Kriege verhindern könne, wenn man nur die Jugend der verschiedenen Länder zu Freunden macht. In diesem Zusammenhang sind sicher die Abschlussworte unseres Gründers beim ersten Welt Jamboree von Bedeutung: "If it be your will, let us go forth fully determined that we will develop among ourselves and our boys that comradeship, through the world wide spirit of the Scout brotherhood, so that we may help to develop peace and happiness in the world and goodwill among men."54 Mit dem Ersten Welt Jamboree waren die Pfadfinder als weltweite Jugendbewegung endgültig etabliert. Im Rahmen dieses Jamborees wurde Baden-Powell zum ersten und einzigen "Chief Scout of the World" ernannt, inzwischen war er auch Träger weiterer hoher Orden und Auszeichnungen verschiedenster Länder.
Ein wichtiger Schritt Baden-Powells für die Weiterentwicklung der Pfadfinderbewegung fand allerdings bereits im Jahr 1919 statt. Es ergab sich, dass William Maclaren, ein schottischer Verleger und Geschäftsmann55 (und Pfadfinder) bei einer Dienstreise erkannte, dass im Londoner East End kein geeignetes Freigelände für pfadfinderische Aktivitäten zur Verfügung stand. Schlussendlich kam es dazu, dass er für 7.000,- Pfund "Gilwell Hall" samt zugehörigem Land (ca. 21 ha) kaufte und als "Gilwell Park"56 der Scout Association schenkte. Baden-Powell erkannte die Möglichkeiten, die dieses Gelände bot, und installierte in Gilwell Park das erste Ausbildungszentrum für Pfadfinder.
Die nächsten Jahre führten das Ehepaar Baden-Powell um die ganze Welt. 1921 war es Indien, eine seiner ersten Stationen als junger Kolonialoffizier, diesmal kam er als Chief Scout in Begleitung seiner Frau Olave, um die Pfadfinderbewegung auch in diesem Teil der Welt weiterzuentwickeln. In diesem Jahr wurde er zum Baronet57 ernannt. Pfadfinderische Höhepunkte seiner Reisetätigkeit waren die Internationale Pfadfinderkonferenz in Paris (1922), sowie das erste Welt Jamboree außerhalb des Britischen Empire, 1924 in Kopenhagen. Im Jahr 1926 zog es ihn wieder auf den afrikanischen Kontinent, er besuchte mit der Familie "sein" Südafrika und verbrachte sieben Monate dort um erst 1927 wieder zurück nach England zu kommen. Im selben Jahr bekam er während des Schwedischen National Jamborees seine erste österreichische Auszeichnung, das "Dankabzeichen des Österreichischen Pfadfinderbundes" verliehen.
Baden-Powell war inzwischen ein international bekannter und geachteter Mann. Zeugnis davon geben seine vielen Auszeichnungen und Orden in England und auf der ganzen Welt. So hat er inzwischen den Großkommandeur des griechischen Erlöserordens58 (1920) sowie das Großkreuz des Viktoriaordens59 (1923) und das Großkreuz des Order of St. Michael and St. George60 (1927) verliehen bekommen. Schon 1922 wurde er in Frankreich zum Commandeur der Ehrenlegion61 ernannt. Auch für den Friedensnobelpreis wurde Baden-Powell mehrmals vorgeschlagen, alleine 1928 zehnmal. Hinzu kamen noch Orden, die ihm in Dänemark, Polen, Afghanistan, Ungarn und der Tschechoslowakei verliehen wurden.
62 1929 trug den Titel "Prince of Wales" Edward Windsor (1894–1972), Sohn Georgs V.
63 Bei der gleichzeitig zum Jamboree 1929 in Birkenhead stattfindenden Internationalen Pfadfinderführer-Konferenz wurde beschlossen, die nächste Tagung der alle 2 Jahre abgehaltenen Internationalen Pfadfinderführer-Konferenz im Jahr 1931 an Österreich zu vergeben. Zunächst war Salzburg als Tagungsort vorgesehen, später Wien, endgültig wurde sie - dank des Einsatzes von Rudolf Mitlöhner, der statt Wien einen Ort vorschlug, an dem auch eine pfadfinderische Note eingebracht werden kann - als "VI. Internationale Pfadfinderführer-Konferenz" für den Zeitraum von 23. bis 29. Juli 1931 nach Baden bei Wien einberufen. Quelle: Österreichisches Pfadfindermuseum / Institut für Pfadfindergeschichte (https://www.ppoe.at/gilde/institut/1931K_Konferenz_Baden_dt.htm)
64 Der Österreichische Pfadfinderbund stiftete zum Sankt Georgstag 1931 eine internationale Pfadfinderauszeichnung - Die Goldene Gemse. Die erste Verleihung fand anlässlich der 6. Internationalen Pfadfinderkonferenz an Baden-Powell statt. Gleichzeitig wurde die Goldene Gemse auch an Ehrenbundesfeldmeister Emmerich Teuber verliehen. Die Goldene Gemse wird in außerordentlichen Fällen über Antrag des Gemsenkomitees und über Beschluss des Bundestages des Österreichischen Pfadfinderbundes verliehen. Bisher wurde die Goldene Gemse fünfmal verliehen. Quelle: Österreichisches Pfadfindermuseum / Institut für Pfadfindergeschichte (https://www.ppoe.at/gilde/institut/1931K_BP_Goldene_Gemse_dt.htm)
65 Das Große Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich war die dritthöchste Stufe dieses am 4. November 1922 gestifteten Ehrenzeichens.
66 Wilhelm Miklas (1872 – 1956) war von 1923 bis 1928 Präsident des Nationalrates und von 1928 bis 1938 Bundespräsident der Ersten Republik.
67 Die Ehrenlegion (französisch Légion d'honneur) ist ein französischer Verdienstorden. Der Orden wurde am 19. Mai 1802 von Napoléon Bonaparte, damals noch erster Konsul, in der Absicht gestiftet, militärische und zivile Verdienste, ausgezeichnete Talente und große Tugenden zu belohnen. Kein Staatsbürger ist seiner Geburt, seines Standes oder seines Religionsbekenntnisses wegen von diesem Orden ausgeschlossen. Die Ehrenlegion ist die ranghöchste Auszeichnung Frankreichs. (Quelle und weiterführende Informationen: //de.wikipedia.org/wiki/Ehrenlegion)
68 Der Order of Merit ist ein britischer Orden und wurde am 23. Juli 1902 durch König Edward VII. gestiftet, um Persönlichkeiten zu ehren, die herausragende Leistungen beim Militär, in Wissenschaft, Kunst, Literatur oder auf anderen Gebieten erbracht haben. Die Entscheidung über die Ordensverleihung trifft ausschließlich der Monarch, eines Vorschlags des Premierministers bedarf es nicht. Der Orden, der nur eine Klasse hat, ist in eine zivile und eine militärische Abteilung unterteilt; die Zahl der Mitglieder ist für beide Abteilungen zusammen auf 24 zuzüglich des Königs bzw. der Königin beschränkt. (Quelle: Wikipedia //de.wikipedia.org/wiki/Order_of_Merit (deutsch) bzw. //en.wikipedia.org/wiki/Order_of_merit (engl.)
Im Jahr 1929 fand anlässlich des 21. Geburtstages der Pfadfinderbewegung das Welt Jamboree in Arrow Park, Birkenhead statt. Es war ein riesiger Event und wurde wie ein Staatsakt gefeiert. Die Pfadfinderbewegung, welche zu diesem Zeitpunkt bereits vier Millionen Mitglieder auf der ganzen Welt zählte, setzte ein deutliches Zeichen für die internationale Öffentlichkeit. Anlässlich dieses Welt Jamborees wurde Baden-Powell stellvertretend für König George V vom Prince of Wales62 in den Adelsstand erhoben. Er trug ab nun den Titel eines "Baron Baden-Powell, of Gilwell in the County of Essex" und hatte somit auch einen Sitz im House of Lords. Es setzte sich durch, ihn als "Lord Robert Baden-Powell of Gilwell" anzusprechen, wobei der von ihm gewählte Namenszusatz "of Gilwell" Bezug auf den Gilwell Park, das erste Pfadfinderausbildungszentrum nimmt.
Aus der Sicht der österreichischen Pfadfinderbewegung stellt das Jahr 1931 einen besonderen Meilenstein dar. In diesem Jahr besuchte Baden-Powell anlässlich der 6. Internationalen Pfadfinderführer Konferenz63 in Baden bei Wien erstmals offiziell als Chief-Scout Österreich. Dabei bekam Baden-Powell die höchste Auszeichnung des Österreichischen Pfadfinderbundes, die Goldene Gemse64, verliehen. Anlässlich der Welt Pfadfinderführer Konferenz wurde unserem Gründer auch seine einzige Auszeichnung des offiziellen Österreichs, das Große Ehrenzeichen am Bande65, durch Bundespräsident Wilhelm Miklas66 verliehen. Schon zwei Jahre später konnten wieder ein paar Pfadfinder unserer Gruppe Baden-Powell persönlich begegnen. Im Jahre 1933 fand das mittlerweile vierte Welt Jamboree in Gödöllö, Ungarn statt, an dem erstmals auch Leobersdorfer dabei waren. In den 1930er Jahren war Baden-Powell bereits eine international hoch angesehene Persönlichkeit, von 1931 bis 1937 wurden ihm nicht weniger als neun Orden verliehen. Bereits erwähnt wurde das große Ehrenzeichen in Österreich, es gab höchste Auszeichnungen aber auch in Litauen, Niederlande, Luxemburg, Estland, Schweden und Lettland. Frankreich verlieh ihm den Grand Cordon, die höchsten Stufe innerhalb der Ehrenlegion67 (1936). In seiner Heimat wurde er 1937 geehrt, indem ihm der Order of Merit68 verliehen wird, was ihn auf eine Stufe mit großen Staatsleuten, Künstlern und Wissenschaftlern (unter ihnen eine Vielzahl an Nobelpreisträgern) stellte.
Spricht man über die hohen Auszeichnungen, die Baden-Powell verliehen bekam, so dürfen natürlich die pfadfinderischen Auszeichnungen nicht fehlen. Er war der erste Träger des Silver Wolf, der ihm vermutlich 1909 von den Pfadfindern verliehen wurde. Es handelt sich um die höchste Auszeichnung, die die Scout Association (britische Pfadfinder) vergibt und geht darauf zurück, dass ursprünglich Baden-Powell den Silver Wolf an verdiente Personen in der Pfadfinderbewegung verliehen hat. Mit der weltweiten Verbreitung der Pfadfinderbewegung war es für viele verstörend, dass die höchste Auszeichnung für Pfadfinder eine der britischen Pfadfinderorganisation ist. Daher wurde vom Internationalen Komitee, dem Vorläufer der heutigen WOSM der Bronze Wolf als höchste (und einzige) Auszeichnung für besondere Verdienste um die weltweite Pfadfinderbewegung gestiftet. Im Jahr 1935 wurde Baden-Powell einstimmig als erster Person diese Auszeichnung zuteil.
69 Reynolds, E. E. (1943): "B-P, The Story of His Life" , Oxford University Press, London (Zitiert in The Pine Tree Web: //www.pinetreeweb.com/bp-pix39.htm)
70 Major Eric George Sherbrooke Walker, MC (1887–1976) war Offizier der Britischen Armee, diente im Ersten Weltkrieg beim Royal Flying Corps, dem Vorgänger der jetzigen britischen Royal Air Force. Er wurde abgeschossen und geriet in deutsche Kriegsgefangenschaft. Es gibt die – nicht näher bestätigte – Geschichte, dass ihm bei einem seiner 36 Ausbruchsversuche eine deutsche Freundin aus Vorkriegszeiten einen von Baden-Powell besorgten Drahtschneider in einem Stück Schinken versteckt zukommen ließ. Eric Walker war einer der ersten beiden Scout Inspectors, zuständig für Wales und Südengland. Nach dem Ersten Weltkrieg betätigte er sich als Alkoholschmuggler während der Prohibition in den USA, zu einer Zeit als seine Frau Lady Elizabeth Mary "Bettie" Feilding an der britischen Botschaft in Washington D.C. beschäftigt war. In den späten 1920ern ließ er sich als Hotelier in Kenia nieder und gründete das Outspan Hotel (1928), später das angeschlossene Treetops Hotel (1932). Auch Baden-Powells späterer Alterssitz liegt im Bereich des Outspan Hotels. Quelle: Wikipedia (//en.wikipedia.org/wiki/Eric_Sherbrooke_Walker).
71 Nyeri ist heute eine Stadt mit über 100.000 Einwohnern. Es liegt etwa 100 km nördlich von Nairobi am Aberdare-Nationalpark. (weitere Informationen bei Wikipedia: //de.wikipedia.org/wiki/Nyeri)
72 Quelle: WOSM (//www.scout.org/en/node_64/facts_figures/history/b_p_s_last_message)
73 Zitiert nach WOSM (//www.scout.org/en/node_64/facts_figures/history/b_p_s_last_message)
Baden-Powell ist das, was wir heute einen internationalen Star nennen würden. Er hat im Jahr 1933 eine Audienz beim Papst, 1935 ist er im Weißen Haus zu Besuch beim Präsident der Vereinigten Staaten. Doch Baden-Powell wird nicht jünger. Schon 1934 fesselt ihn seine Gesundheit für fünf Monate ans Bett, trotzdem besucht er in diesem Jahr Pfadfinder von Europa über Australien bis nach Asien.
Beim fünften Welt Jamboree in Vogelenzang, Niederlande verabschiedete sich der Gründer von der Pfadfinderbewegung. Mit den Worten: "Now the time has come for me to say good-bye. I want you to lead happy lives. You know that many of us will never meet again in this world. I am in my eighty-first year and am nearing the end of my life. Most of you are at the beginning and I want your lives to be happy and successful. You can make them so by doing your best to carry out the Scout Law all your days, whatever your station and wherever you are. I want you all to preserve this badge of the Jamboree which is on your uniform. I suggest that you keep it and treasure it and try to remember for what it stands. It will be a reminder of the happy times you have had in camp; it will remind you to take the ten points of your Scout Law as your guide in life; and it will remind you of the many friends to whom you have held out the hand of friendship and so helped through goodwill to bring about God's reign of peace among men. Now good-bye. God bless you all."69 Es sollte dies einer seiner letzten offiziellen Auftritte als "Chief Scout oft the World" sein.
Es zog ihn die letzten Jahre immer wieder in sein geliebtes Afrika. Schon 1935, auf einer Reise nach Südafrika, hatte das Ehepaar Baden-Powell Zwischenstation in Kenia gemacht, wo Eric Walker70, Baden-Powells erster Privatsekretär inzwischen in Nyeri71 ein Hotel betrieb. Vorerst war geplant, den Bungalow, den Eric Walker als Gegenzug dafür errichten ließ, dass Baden-Powell in sein Hotelprojekt investierte, als Winterquartier zu nützen.
Im Winter 1937/38 wurden Baden-Powell schwere Herzprobleme attestiert. Trotzdem schien es im Frühjahr, als habe er sich gesundheitlich so weit erholt, um nach England zurückkehren zu können. Es sollte allerdings der letzte Besuch Baden-Powells in England werden. 1938 brach er wieder nach Kenya in sein Haus, dass er ähnlich wie Pax Hill "Paxtu" für Frieden genannt hatte, auf. Er verbrachte die Zeit bis zu seinem Tod am 8. Jänner 1941 in seinem geliebten Afrika. Er verbachte seinen Lebensabend, soweit es die Gesundheit zuließ möglichst in der Natur und führte die letzten Jahre ein zurückgezogenes, entspanntes Leben.
Sein "Testament", der Abschiedsbrief an die Pfadfinder wurde vermutlich bereits 1929 von Baden-Powell verfasst. Laut den Angaben von Lady Olave72, war er in einem Kuvert, adressiert mit "to the boyscouts" bei allen seinen Reisen dabei. Wir wollen die Lebensgeschichte Baden-Powells nun mit seinem Abschiedsbrief an uns beenden73:
"Dear Scouts - If you have ever seen the play "Peter Pan" you will remember how the pirate chief was always making his dying speech because he was afraid that possibly when the time came for him to die he might not have time to get it off his chest. It is much the same with me, and so, although I am not at this moment dying, I shall be doing so one of these days and I want to send you a parting word of good-bye.
Remember, it is the last time you will ever hear from me, so think it over.
I have had a most happy life and I want each one of you to have as happy a life too.
I believe that God put us in this jolly world to be happy and enjoy life. Happiness doesn't come from being rich, nor merely from being successful in your career, nor by self-indulgence. One step towards happiness is to make yourself healthy and strong while you are a boy, so that you can be useful and so you can enjoy life when you are a man.
Nature study will show you how full of beautiful and wonderful things God has made the world for you to enjoy. Be contented with what you have got and make the best of it. Look on the bright side of things instead of the gloomy one.
But the real way to get happiness is by giving out happiness to other people. Try and leave this world a little better than you found it and when your turn comes to die, you can die happy in feeling that at any rate you have not wasted your time but have done your best. "Be Prepared" in this way, to live happy and to die happy- stick to your Scout Promise always when you have ceased to be a boy - and God help you to do it.
Your friend,
Robert Baden-Powell"
Seite über Baden-Powell bei WOSM
//www.scout.org/en/about_scouting/facts_figures/baden_powell
Seite über Baden-Powell bei The Pine Tree Web
//www.pinetreeweb.com/B-P.htm
Deutschsprachiges Wikipedia
//de.wikipedia.org/wiki/Robert_Baden-Powell
Englischsprachiges Wikipedia
//en.wikipedia.org/wiki/Robert_Baden-Powell,_1st_Baron_Baden-Powell
Pfadfindermuseum
https://www.ppoe.at/gilde/institut/1931K_Konferenz_Baden_dt.htm
Biographien:
- Eileen Kirkpatrick Wade, Frank Cyril James (1924):"The Piper of Pax: The Life Story of Sir Robert Baden-Powell, of Pax Hill, Bentley, in the County of Hampshire", C.A. Pearson, London
- Ernest Edwin Reynolds (1943): "B-P, The Story of His Life", Oxford University Press, London
- Jeal, Tim (1989): „Baden-Powell – Founder oft he Boy Scouts“, Hutchinson, London
Bilder:
wikimedia.org
US Library of Congress, US Library of Congress
Pfadfindermuseum