Lagern im Winter
-10° draußen, die Sonne scheint vom Himmel, die Wolken fliegen tief, der Boden ist weiß. So oder so ähnlich lässt sich eine der herausforderndsten Lagerarten beschreiben: das Lagern oder Camping im Winter, das Winterlager!
Der Reiz eines solchen Lagers ist groß, mit einem (quasi) Winterlager kann man in den Monaten Oktober bis April die Gegend mit Zelten beglücken, die Atmosphäre bei einem Winterlager ist einzigartig und es werden die Fähigkeiten des Einzelnen und der Gruppe auf die Probe gestellt.
Zelte
Der Zeltbewohner von Welt sollte sich vor einem Ausflug immer überlegen wie er sich vor der Kälte schützt. Hier findet sich wohl einer der größten Unterschiede zum Lagern unter normalen Bedingungen. Im Sommer ist ein Zelt im besten Fall Schutz gegen den Regen und Wind, sonst könnte man sich auch einfach auf die nächste Wiese legen und der Unterschied wäre nicht groß (abgesehen vielleicht von ein paar Ameisen).
Im Winter ist es dann auf der nächsten Wiese nicht mehr so gemütlich, selbst wenn es nicht regnet oder schneit ist der Boden kalt/gefroren. Weiters sollte man noch beachtet, dass man in der Nacht eine geringere Körpertemperatur hat und die meiste Wärme über den Kopf abgegeben wird. Falls man also nicht gerade einen sehr warmen, wasserdichten Ganzkörper-Schlafsack im Gepäck hat, sollte man sich den Komfort durch das richtige Zelt sichern.
Grundsätzlich bieten sich im Winter beheizbare Zelte an, natürlich kann man auch nicht beheizbare Zelte verwenden oder auf Naturunterkünfte zurückgreifen wenn man ein paar Dinge beachtet. In beiden Fällen sind Sommerschlafsäcke nicht unbedingt 1. Wahl (außer möglicherweise in einer Doppel-Schlafsack Variante).
Das wohl bekannteste Zelt der Kategorie "beheizbar" ist eine Jurte (oder Kohte). Jurten bieten viel Platz und können vielseitig verwendet werden, in der Nacht zum Schlafen, am Tag zum Kochen und als Aufenthaltszelt. Die Wärme wird entweder durch eine Feuerschale oder Öfen erzeugt. Feuerschalen liefern viel Wärme aufgrund der sehr großen Heizfläche, verursachen aber oft viel Rauch im Zelt, speziell wenn das Feuer knapp am Ausgehen ist (zB in der Nacht) oder wenn das Holz nass ist. Öfen (mit Rauchfang) liefern aufgrund ihrer Größe meist weniger Wärme - hier bietet es sich manchmal an 2 Öfen zu verwenden - aber sind dafür viel verträglicher für die Atemwege da der ganze Rauch nicht in der Jurte steht. Es wird üblicherweise auch das Loch in der Jurte abgedeckt (abgesehen von einem Abzug für Rauch/Rauchfänge) um die Wärme besser im Zelt zu halten. Ebenfalls kann die Unterseite der Viereckplanen abgedichtet werden mit Rucksacken, Stroh, Kisten usw., nicht in erster Linie um die Wärme im Zelt zu halten sondern um möglichen Wind nicht im Zelt zu spüren. Im Gegensatz dazu wird bei einer offenen Feuerstelle oft absichtlich Platz für den Luftaustausch gelassen falls es gerade zu viel raucht im Zelt.
Der andere Vertreter dieser Kategorie sind Hauszelte/Kegel mit Platz für einen Ofen inklusive Rauchabzug. Sie sind viel einfacher in der Handhabung als Jurten - es sind normale Zelte mit Ofen, winddicht, rauchfrei, mit Boden und halbwegs wärmegedämmt - aber nicht so vielseitig wie Jurten. Kochen auf einem Ofen ist gleichwertig in beiden Zelten, in der Jurte kann aber auch offenes Feuer verwendet werden und außerdem ist diese als Aufenthaltszelt eindeutig besser da viel mehr Platz vorhanden ist.
In die Kategorie "unbeheizt" fallen normale Zelte wie sie auch im Sommer zum Einsatz kommen, nur kommen einigen Modifikationen ins Spiel. Erstens, die verwendeten Schlafsäcke sollten warm sein. Zwar staut sich die Wärme im Zelt aber ein Zelt ohne Wärmequelle kann nur bedingt warm werden/bleiben. Dicke Zeltwände sind hier zu bevorzugen. Zweitens sollten die Zelte relativ dicht belegt sein um die körpereigene Wärme zu verwenden um das Zelt zu beheizen. Drittens können zusätzlich Planen über das Zelt gespannt werden um auch hier etwas Stauraum für warme Luft zu erzeugen. Ebenfalls bietet sich es an ein nahegelegenes Feuer zu erhalten um auf diese Weise etwas Wärme von außen zuzuführen.
Ebenfalls in dieser Kategorie sind Unterkünfte mit Planen. Hier gilt das Gleiche wie bei Zelten. Es kann auch mittels Blättern eine weitere wärmedämmende Schicht erzeugt werden (zB den Platz zwischen zwei übereinander liegenden Planen mit Blättern/Nadeln auffüllen). Hier sei auch erwähnt dass sich eine Unterkunft mit Planen einfach mit einem Ofen/Feuer ausstatten lässt, so dass eine Behelfsjurte entsteht.
In den Bereich Naturunterkünfte fällt die Verwendung von Höhlen als Unterkunft. Je nach Art der Höhle ist diese trocken, windstill, beheizbar und der Eingang kann mit einigen wenigen Handgriffen mit Planen abgehängt werden. Somit ist eine gute (und nicht baufällige) Höhle ein nahezu perfekter Ersatz für eine Jurte - sofern man eine Höhle zur Verfügung hat, was nicht immer der Fall ist und normalerweise eine Erkundung des Gebiets erfordert.
Ein weiterer Vertreter dieser Art von Unterkunft ist das Biwak. Der Aufbau bleibt im Vergleich zum Sommer-Biwak gleich, bei Bedarf kann das Loch etwas tiefer ausgehoben werden oder auch tief genug um komplett darin zu liegen. Es sollten aber auf jeden Fall alle vier Seiten winddicht verschlossen werden und - wenn möglich - auch ein Feuerplatz innerhalb/nebenan geplant werden (immer wenn ein Feuer im Biwak ist sollte für genügend Luftzufuhr für den Bewohner gesorgt werden!). Biwaks mit Blättern sind beschränkt einsetzbar da Blätter für die Wände sehr rar sind im Winter. Alternativ können Nadeln und Äste von Nadelbäumen verwendet werden die einen guten Ersatz bieten. Einen weiteren möglichen Ersatz für die Blätterschicht bieten Rasen- und Erdziegel oder Eis- und Schneeziegel die auf die Äste aufgelegt werden.
Im Gegensatz zum Biwak hat die letzte Unterkunft in dieser Kategorie, das Iglu, nicht so sehr mit Materialproblemen im Winter zu kämpfen. Bei tiefen Temperaturen kann ein Iglu verwendet werden um die Innentemperatur in die Nähe von -5° zu heben. Für ein Alltagslager ist ein Iglu eher unpraktisch, der Vollständigkeit halber sei es aber hier erwähnt, es findet eher im Überlebensfall auf Bergen Anwendung. Mehr hierzu kann man sich beispielsweise auf Wikipedia ansehen.
Hier am Ende sei noch die Nützlichkeit von Stroh erwähnt. Von zu Hause mitgebrachtes Stroh kann als Unterlage für den Schlafplatz verwendet werden um die Nässe/Kälte des Bodens zu reduzieren. Es kann zum Abdichten von Seitenplanen verwendet werde, kann für die extra Wärmeschicht verwendet werden oder auch als Sitzgelegenheit genutzt werden.
Ausrüstung
Im Bereich persönliche Ausrüstung kann auf die übliche Ausrüstung für ein Pfingstlager aufgebaut werden. Speziell bei einem Lager im Winter sollten die älteren Kleidungsstücke ausgepackt werden (Rauchentwicklung bei offenem Feuer, Funken, Beschädigung). Sofern kein Boden vorhanden ist sollte auch (neben der üblichen Unterlagsmatte) eine feste Luftmatratze, Unterlagsplane oder 2. Unterlagsmatte angedacht werden um gegen die Kälte/Nässe von unten zu schützen.
Zusätzliche Pullover, eine Decke (gegen Funkenflug oder als Schutz vor Kälte über den Schlafsack) und ein warmer Schlafsack sollten sich aber auf jeden Fall im Rucksack wiederfinden. Eine Haube für die Nacht - oder ein Ganzkörperschlafsack - sind in Jurten sehr komfortabel. Es gilt: alles was wärmt kann etwas großzügiger eingepackt werden. Typische Sommerkleidungsstücke (Gummistiefel, Badehosen, Sonnencreme, ...) können - außer in Ausnahmefällen - zu Hause gelassen werden.
Die Ausrüstung der Gruppe kann sich ebenfalls an einem Pfingstlager orientieren, auch einpacken sollten man Ersatzplanen um kaputte/nasse Planen ersetzen zu können. Je nach Programm können auch Heuriger-Tische und -Bänke zum Kochen mitgenommen werden, wobei das eher nur für größere Gruppen notwendig wird.
Programm
Das Programm sollte nicht zu voll gepackt werden. Wanderungen, Gesellschaftsspiele und Geländespiele (und natürlich Gespräche/Freizeit) sind alterprobte Programmideen und bieten eine Mischung aus Programm im und außerhalb vom Zelt. Von exzessiven Bauarbeiten wir üblicherweise abgesehen, die Finger sind steif von der Kälte und wer isst schon in der Kälte auf einem Holztisch wenn auch im warmen Zelt gegessen werden kann.
Abgesehen davon ist es nützlich wenn man noch ein paar Programmideen im Hinterkopf hat. Eine Sauna oder ein heißes Schwimmbecken sind etwas aufwändiger zu errichten, bieten aber viel Spaß und Komfort wenn sie fertig sind. Ein großes Feuer und Lagerfeuerbeiträge bieten die Möglichkeit sich kreativ einzubringen. Ein Orientierungslauf hilft die Gegend kennenzulernen und auch abseits vom Feuer warm zu bleiben. Selbstverständlich kann auch der nächstgelegene Wirt für ein Essen oder einen Kakao besucht werden. Alles was (halbwegs) warm hält und nicht zu nass macht kann ohne Probleme durchgeführt werden, bei Bedarf können die Teilnehmer auch Schianzüge o.Ä. einpacken wenn es das Programm erfordert.
Das Feuer sollte die ganze Zeit über am Leben erhalten werden um eine ständigen Wärmequelle sicherzustellen. Sollte jemandem am Tag oder in der Nacht kalt werden kann sich am Feuer gewärmt werden und natürlich ist es auch komfortabel wenn das die Zelttemperatur über die Nacht nicht auf Außentemperatur abfällt. Um das zu gewährleisten sollte eine sich abwechselnde Feuerwache aufgestellt werden die sich die ganze Nacht lang um das Feuer kümmert. Ob diese regelmäßig aufsteht und nachheizt und zwischendurch wieder schlafen geht, die ganze Zeit wach bleibt, ein selbst nachlegendes Feuer errichtet oder (hoffentlich) von Leuten die aufs Klo gehen übernommen wird bleibt jeder Lagergemeinschaft selbst überlassen.
Gekocht werden sollte reichlich, wobei hier einfache Gerichte zu bevorzugen sind, sowohl Gas oder Feuer bieten sich als Wärmequellen an. Bei Bedarf kann für leichteren Transport auch auf Dosen zurückgegriffen werden.
Kühlmöglichkeiten für die Zutaten finden sich reichlich außerhalb des Zeltes wobei hier die Temperatur zu beachten ist, mit -10° ist es dann kein Kühlschrank mehr sondern eher ein Gefrierfach.